Die Alpinwanderung im Glarnerland hat mich am Folgetag direkt ins Sanatorium gebracht.
Mit einem kolossalen Muskelkater im Gepäck bin ich für ein entspanntes Familienwochenende nach Crans-Montana gefahren, wo wir endlich wieder einmal in einer Jugendherberge nächtigen wollten. Mein letzter Aufenthalt in einer Schweizer Jugi datiert aus den frühen Nullerjahren, ich als junge Studentin, notgedrungen sparsam und des lebhaften Treibens der andern Übernachtungsgäste noch nicht überdrüssig. Vieles hat sich seither verändert, und neuerdings auch mein Bild einer Jugi.

Da stehen wir also vor diesem ockerfarbenen Klotz, der aussieht wie ein Sanatorium, und – Überraschung: es tatsächlich auch einmal war. Spannende Zeitzeugnisse in den Korridoren dokumentieren den Werdegang des Hauses: 1931 als Luxus-Sanatorium in avantgardistischem Bauhausstil erstellt, 1936 wegen fehlender Rentabilität in ein Sporthotel umfunktioniert, 1941 geschlossen und Ende des 2. WK als Eingliederungsheim für ehemalige KZ-Insassen wiedereröffnet, danach erneut Institution für Lungenpatienten, ab 1965 Kur- und Ferienhaus und nun seit 2016 im Besitz der Schweizer Jugendherbergen.




Ich bin absolut begeistert von der bewegten Geschichte des Hauses, seiner charakterstarken Architektur und den restaurierten Originalmöbeln. Ja, ich wähne mich regelrecht in einem Boutiquehotel, für die ich ohnehin eine grosse Schwäche habe. Sicher auch wegen unserem geschmackvollen Doppelzimmer mit eigenem Bad und Balkon, das so gar nicht in meine Vorstellung einer Jugendherberge passen will.
Crans-Montana selbst vermag mich leider immer noch nicht zu begeistern. Die Streusiedlung, die vielen Bausünden sowie der eigenartige Mix aus flippigen Mountainbikern und eher versnobter Klientel befremden mich ziemlich. Zwar hat es schöne Spielplätze, und mit der inbegriffenen «Explorer Card» kann so einiges gratis genutzt werden, u.a. Bergbahnen, Ortsbus, Kletterhalle, Minigolf, Schwimmbad. Aber persönlich denke ich, ist man als Familie andernorts vielleicht besser aufgehoben.

Zurück zur Krankenakte E.Z. Mit meinen hochgradig übersäuerten Oberschenkeln ist diesmal an Wandern nicht zu denken. Jeden Schritt empfinde ich als Folter, und so hat mein geliebter Gemahl ausnahmsweise gleich zwei Damen mit ausgeprägter Wanderunlust am Hals. Entsprechend gemütlich gestaltet sich deshalb unser Aufenthalt. Meine wandertechnische Parforce-Leistung dieses Wochenendes ist in untenstehender Tabelle dokumentiert. Und ganz zuunterst findet ihr meine Bewertung der Jugendherberge anhand der Zauggschen Fünf.
Strecke | Distanz | Dauer | Aufstieg | Abstieg | |
Wohnhaus – Bahnhof Bahnhof – Wohnhaus | 850m 850m | 13min 15min | 0m 46m | 46m 0m | |
Bahnhof – Talstation Funiculaire Talstation Funiculaire – Bahnhof | 340m 340m | 5min 5min | 6m 0m | 0m 6m | |
Bergstation Funiculaire – Jugi Jugi – Bergstation Funiculaire | 1’520m 1’520m | 25min 25min | 51m 4m | 4m 51m | |
Jugi – Talstation Bergbahn Talstation Bergbahn – Jugi | 1’030m 1’030m | 16min 16min | 22m 38m | 38m 22m | |
Rundtour auf dem Berg | 130m | 2min | 5m | 5m | |
Einkaufen Migros | 40m | 1min | 0m | 0m | |
Minigolf-Runde | 450m | 8min | 2m | 2m | |
Jugi: 4x Lift – Zimmer, 4x Zimmer – Lift, Speisesaal 1x Znacht fassen & 2x Zmorge fassen, insgesamt | 315m | 6min | 0m | 0m | |
TOTAL | 8’415m | 137min | 174m | 174m |
Die Zauggschen Fünf:
- Z ustieg: mit ÖV und Auto bestens und sogar barrierefrei erreichbar
- A ugen: tolle Aussicht auf die gegenüberliegenden Walliser Viertausender
- U ebernachtung: Einzel-, Doppel-, 4er- und 6er-Zimmer, teilweise mit DU/WC und Balkon, modern und funktional ausgestattet
- G aumenfreuden: günstiges und gleichzeitig sehr schmackhaftes 4-Gang-Abendessen mit Salatbuffet, Suppe, Hauptgang (u.a. Broccoli-Rüebli-Flan, mmmhh!) und Dessert; schönes Frühstücksbuffet mit frischem Fruchtsalat und Butterzopf
- G emüt: historisch und architektonisch absolut interessantes Gebäude

Dieser Blog hat mich soooo köstlich amüsiert, witzig und gleichzeitig informativ geschrieben!
Herzliche Grüsse
Margrith Baumgartner
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